Betrachtung zu „O Heiland reiß die Himmel auf“ von unserem Sänger Leo Gerst.
In meiner Kindheit stimmten uns die Adventslieder auf die Weihnachtszeit ein. Über die Lebensjahre und die Kommerzialisierung dieser Festzeit verflachten die Empfindungen. Die Vita von Friedrich Spee, Verfasser von „O Heiland reiß die Himmel auf“ und weiterer Advents- und Weihnachtslieder erschloss mir diese neu.
Friedrich Spee von Langenfeld (*25. Februar 1591, + 07 August 1635, Professor der Theologie, Philosophie, Jesuit, Priester, Lyriker und scharfer Kritiker der Hexenprozesse) wurde in den Dreißigjährigen Krieg hineingeboren. Was als „Religionskrieg“ begann, mutierte schnell zu einem Konflikt um die Vormachtstellung im Heiligen Römischen Reich und in Europa. Phasen des Krieges tragen die Bezeichnung „Der Dänisch-Niedersächsische Krieg“, „Der Schwedische Krieg“, der „Schwedisch-Französische Krieg“. Ausgeführt wurden diese Kriege hauptsächlich von Söldnern. Blieb der Sold – oft recht schnell – aus, wechselten sie die Fronten. Je länger der Krieg dauerte, musste der Krieg den Krieg ernähren. Rauben, Vergewaltigen, Morden war die Devise der Söldnerheere. Hinzu kamen Pestausbrüche und Hexenprozesse, welche in den Kleinterritorien des Reiches ohne fundiertes Rechtswesen besonders florierten. Das Vermögen der Hexe wurde vom Landesherrn konfisziert, bis 20 Prozent gingen an den Denunzianten. Ein Verfahren, welches den Irrsinn erst richtig befeuerte. Spee war u.a. Beichtvater der Angeklagten. In der Denkschrift (Cautio Criminalis) veröffentlichte er schärfste rechtliche Bedenken gegen diese Prozesse. Wiederholt wurde er abgemahnt. Als er seine Kritik auch in der Wortwahl verstärkte und weltliche und geistliche Würdenträger angriff, konnte er sein Leben nur durch Untertauchen in Pflegestationen für verwundete und pestkranke Menschen retten, wobei er selbst den Pest-Tod fand. Ein Mensch, der angetreten war, die Liebe Gottes, Frieden und Gerechtigkeit zu verkünden, erkannte den Irrsinn der Zeit und schaute in den Abgrund der Unmenschlichkeit. Sein Lied „O Heiland reiß die Himmel auf“ ist vor diesem Hintergrund der verzweifelte Ruf an den Heiland, das Morden und Siechen auf der Erde endlich zu beenden. In den Strophen 4-6 mit den Versen „Wo bleibst du Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt?“ und weiter „o Sonn geh auf ohn deinen Schein in Finsternis wir alle sein.“ brachte er sein dringendes Sehnen nach Gerechtigkeit, Frieden und der wärmenden Liebe Gottes zum Ausdruck. Vielleicht können Menschen in Syrien und andere Krisengebieten das leichter nachempfinden?